Lerne uns kennen

Laurin: „Ich liebe das Handwerk – aber so konnte ich nicht weitermachen"

Larissa Siebolds (25)
June 27, 2025
Lesezeit:
10 Minuten

Die Wahrheit über den Fachkräftemangel: 5 Jahre arbeitete Laurin Kalischefski als Garten- und Landschaftsbauer – heute hilft er Handwerksbetrieben mit seinem Webdesign und Strategie durch die Krise.

Branchen mit Fachkräfte­mangel: Handwerk auf Platz 5

Damit ist das Handwerk unter den Top-5-Branchen mit dem größten Fachkräftemangel.

Die fehlenden Mitarbeiter im Handwerk haben vielfältige Folgen:

  1. Wirtschaftlich: Verzögerung von Bau- und Sanierungsprojekten, teils unkalkulierbare Kosten, Wachstumsbremse für Unternehmen
  2. Gesellschaftlich: Wohnungsnot, Verzögerung der Energiewende, Verlust von Wissen und Tradition, Unzufriedenheit in der Bevölkerung, weniger junge Menschen entscheiden sich für handwerkliche Berufe – unter anderem wegen geringer gesellschaftlicher Anerkennung
  3. Gesundheitlich: Überstunden und Stress führen zu gesundheitlichen Problemen bei Beschäftigten, Gesundheitssystem überlastet, arbeiten bis zum Renteneintrittsalter kaum noch möglich
  4. Persönlich: Ungleichheit – wer mehr zahlt, bekommt schneller Termine, Fehler entstehen unter Zeitdruck – dadurch leidet die Qualität, Preise von Bauprojekten immer schlechter kalkulierbar

12-Stunden-Tage: Die Realität auf der Baustelle

Mann mit grauer Kappe und schwarzer Hose baut eine niedrige Mauer aus roten Ziegelsteinen in einem Garten
Im Garten arbeiten ist auch heute noch Laurins Leidenschaft.

Für Laurin Kalischefski aus Uelzen (Niedersachsen) hatten diese Probleme konkrete Folgen: Er musste 2022 seine Arbeit niederlegen: „Ich habe meine Ausbildung 2018 im Garten- und Landschaftsbau gemacht. Nach fünf Jahren auf dem Bau hatte ich bereits körperliche Probleme", erzählt der heute 27-Jährige. Nicht zuletzt waren es zahlreiche unbezahlte Überstunden, die ihn zum Umdenken bewegten:

„Ich liebe den GaLa-Bau nach wie vor  – allerdings waren die Umstände einfach katastrophal. Mein Arbeitgeber hatte zu wenig Personal. Das führte dazu, dass wir 20 Stunden am Tag gearbeitet haben – insbesondere im Winterdienst. 10 bis 12 Stunden waren generell keine Seltenheit.”

Mittlerweile ist Laurin Webdesigner. 2025 hat er gemeinsam mit Larissa Siebolds „Blüte.digital” gegründet – eine Webdesign-Agentur mit Fokus aufs Handwerk.

Gute & faire Betriebe belohnen

„Ich kenne die Probleme im Handwerk. Ich möchte Betrieben, die wirklich gute Arbeitsbedingungen bieten, helfen, auf Google gefunden zu werden. Mir ist wichtig, dass gute Unternehmen auch in schwierigen Zeiten bestehen können – und dabei kann und will ich unterstützen, indem ich Webseiten gestalte, die Mitarbeiter, Azubis und Kunden anziehen.“

Laurin ist überzeugt: Das Handwerk hat enormes Potenzial, denn:

„Die meisten Webseiten von Handwerksbetrieben funktionieren technisch und optisch einfach nicht – die sind oft nicht mal rechtssicher. Viele Betriebe begnügen sich mit einer uralten, überholten Webseite. Wer nur ein wenig in seine Webseite investiert, hat auf dem Markt schon einen riesigen Vorteil.”

Aktuelle Zahlen: 30% der Betriebe ohne Website

„Wir allein werden den Fachkräftemangel mit unserer Arbeit nicht beseitigen. Wir wünschen uns aber, dass wir mit unserer Arbeit jenen Betrieben, die gute Arbeit leisten, eine Chance geben, durch diese schwere Zeit zu kommen.”

Wie kann man die Probleme lösen?

Lächelnder Mann mit kurzem blonden Haar und Bart hält eine grüne Zimmerpflanze mit runden Blättern in einem hellen Raum mit Regalen und Kunstwerken im Hintergrund
Als gelernter Gärtner hat der 27-Jährige natürlich auch viele Pflanzen.

Aber wie löst man Probleme, die den Arbeitsmarkt seit Jahren umhertreiben?

„Es reicht heute nicht mehr, dass man den Betrieb seit 60 Jahren führt – das allein überzeugt niemanden mehr“, sagt Laurin. „Man muss neue Wege gehen: Social Media, Messen, eine gute Webseite – das alles trägt dazu bei, ob ein Betrieb Erfolg hat.“

Azubis suchen nach Jobs im Internet

Er selbst hat seine Arbeitsstellen im Internet gefunden – auch viele seiner Berufsschulkollegen nutzten Google, um einen Ausbildungsplatz zu finden:

„Ich habe zunächst bei Google geguckt. Welche Firma sieht professionell aus? Was bietet diese Firma? Kann ich mich unkompliziert und schnell bewerben? Wie sieht das Team aus – will ich da arbeiten? Wird der Tarif gezahlt? Das sind Fragen, die mich damals sehr beschäftigt haben – und ich bin überzeugt, dass das auch heute noch viele Jobsuchende beschäftigt. Man muss ehrlich sein: Eine Fachkraft hat heute die Qual der Wahl – sie kann sich aussuchen, wo sie hin möchte. Deshalb ist es als Handwerksbetrieb so wichtig, präsent zu sein und aufzufallen.”

Mitarbeiter finden: 5 Tipps für Handwerks­betriebe

Und wie schafft man es, als Handwerksbetrieb neue Mitarbeiter anzuziehen?

Laut Laurin gelingt das unter anderem:

  1. mit ansprechenden Karriereseite auf der Webseite, die für den Job und das Team begeistern
  2. Videos von der Baustelle und dem Betrieb
  3. einfache Bewerbungswege – zum Beispiel über die Webseite
  4. ehrliche Einblicke in das Gehalt und die Leistungen
  5. Und was ebenso wichtig ist: "SEO" – Suchmaschinenoptimierung.
„SEO: Das bedeutet nichts anderes, als dass Webseiten bei der Google-Suche bestenfalls weit oben erscheinen. Denn die wenigsten Menschen gehen bei der Google-Suche über die erste oder zweite Seite hinaus. Wenn man sich hier einen Platz sichert, spielt man ganz vorne mit.”

Vom Bau zur eigenen Agentur

Mann mit Bart und schwarzem Nike SB T-Shirt zeigt auf ein Schild an einer Backsteinwand mit der Aufschrift 'BLÜTE.DIGITAL – Webdesign & Copywriting'
2024 hat sich Laurin selbstständig gemacht.

Und die Grundlagen, hat der 27-Jährige während seines Studiums an der NHL Stenden in Leeuwarden (Niederlande) gelernt:

„Ich habe Communication and Multimedia Design studiert und schnell gemerkt: Ich möchte eine eigene Webdesign-Agentur gründen. Ehe ich mich versah, hatte ich meine ersten Kunden. Und seither habe ich meinen Schritt in die Selbstständigkeit nicht bereut, denn heute kann ich unter anderem den Firmen helfen, bei denen ich früher angestellt war.”

„Ich nehme mir Zeit”

Was der 27-Jährige aber schnell merken musste: Die Konkurrenz schläft nicht. Er ist sich aber sicher, dass er sich durchsetzen kann, denn:  

„Heutzutage, wo vieles an KI und Callcenter abgegeben wird, möchte ich noch persönlich für meine Kunden da sein. Ich komme vom Bau und daher komme ich auch gerne mal zum Kunden zur Baustelle. Ich möchte wirklich verstehen, wo der Schuh drückt und wie wir gemeinsam das Potenzial nutzen können, das jeder Betrieb mitbringt. Wenn es eine Sache gibt, die ich nicht möchte, sind das altmodische, langweilige Webseiten, die in zwei Stunden mit einem Baukastensystem zusammengezimmert wurden.”

Durch Heraus­forderung entstehen Chancen

Der Fachkräftemangel im Handwerk ist keine abstrakte Zahl, sondern Realität – mit wirtschaftlichen, persönlichen und gesundheitlichen Folgen. Doch inmitten der Herausforderungen entstehen auch Chancen. Menschen wie Laurin zeigen, dass Veränderung möglich ist –  mit neuen Ideen, digitalem Know-how und echter Leidenschaft fürs Handwerk.

Eins ist klar: Wer heute bestehen will, muss sichtbar sein – online wie offline.

Larissa Siebolds (25)

Seit fast 7 Jahren begeistert Larissa als Autorin, Journalistin, Podcasterin und Radio-Moderatorin ihre Fans. Sie weiß, was die Menschen interessiert und findet die richtigen Worte – bei jedem Thema.

Ihre Karriere startete 2018 beim Radiosender Radio Jade in Wilhelmshaven. Während ihrer Zeit bei der Nordwest-Zeitung in Oldenburg veröffentlichte sie hunderte Artikel, drehte Videoreportagen und ist Mitbegründerin des Podcasts „Lass mal schnacken". Bis heute arbeitet sie als freiberufliche Journalistin für verschiedene Zeitungen.

2025 gründete sie gemeinsam mit ihrem Partner die Webdesign-Agentur „Blüte.digital”.

Möchtest du mit uns zusammen­arbeiten?

Erhalte jetzt ein kostenloses Angebot!
Kostenlos Angebot anfordern